Endometriose: Anna Wilken im Interview
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Endometriose: Anna Wilken im Interview

Endometriose: Anna Wilken im Interview
Anna Wilken Copyright Ayra Shirazi
Anna Wilken Copyright Ayra Shirazi

Endometriose: Anna Wilken im Interview

Erfahrungen und Tipps für das Leben mit der Erkrankung

Anna Wilken ist Influencerin und Buchautorin („In der Regel bin ich stark“). Seit ihrer Jugend leidet sie an Endometriose und den extrem schmerzhaften Symptomen. In unserem Interview gibt sie einen privaten Einblick in ihr Leben mit Endometriose und verrät dir, was dabei helfen kann, besser mit der Erkrankung umzugehen.

 

  1. Was waren deine ersten Gedanken, als du die endgültige Diagnose Endometriose erhalten hast?

Nachdem mir mitgeteilt wurde, dass ich Endometriose habe, war ich vor allem erleichtert. Erleichtert, endlich eine medizinische Aussage erhalten zu haben, die mein schlechtes Bauchgefühl bestätigt, das ich seit Jahren mit mir herumgetragen habe. Als ich 13 Jahre alt war, machten sich starke Symptome bei mit bemerkbar. Meine damalige Ärztin äußerte zwar den Verdacht, dass Endometriose dahinterstecken könnte, wollte mich aber nicht behandeln. Sie hielt mich letztendlich für zu jung, um überhaupt Endometriose zu haben und um eine Bauchspiegelung für die Diagnose durchzuführen. Deshalb habe ich viele Jahre mit den Beschwerden zu kämpfen gehabt, ohne genau zu wissen, woher diese kommen. Als nach meiner Bauchspiegelung dann endlich klar wurde, dass ich tatsächlich unter Endometriose leide, war ich einfach froh, die Krankheit benennen und die Behandlung starten zu können – gemeinsam mit meiner Ärztin.

  1. Was war das Schlimmste an der Zeit vor der Diagnose?

Neben den Einschränkungen im Alltag haben die Reaktionen anderer mich am meisten belastet. Außenstehenden fällt es oft schwer, die Schmerzen und Einschränkungen nachvollziehen zu können. Wenn jemand z.B. eine Platzwunde hat, die stark blutet, dann ist klar, dass die Person gerade verletzt ist, Schmerzen hat und Hilfe braucht. Bei Endometriose ist das anders. Schließlich sind die entzündeten, verwucherten Gewebe-Stellen im Körper mit bloßem Auge nicht sichtbar. Außerdem ist unsere Gesellschaft einfach noch zu wenig über Endometriose informiert. Sich ständig erklären zu müssen und anderen den Grad der Schmerzen näherzubringen, ohne einen „handfesten Beweis“ zu haben, das kann ziemlich anstrengend sein. Häufig hört man Sätze wie „stell dich nicht so an“ oder „das geht schon wieder weg“. In der Schule habe ich wegen der starken Schmerzen oft gefehlt, beim Schulsport musste ich häufig aussetzen und habe immer eine schlechte Note gehabt. Das Modeln habe ich aufgegeben, weil ich an einigen Tagen vor Schmerzen kaum stehen kann. Endometriose hat mein Leben massiv bestimmt – und tut es immer noch.

  1. Das kratzt doch bestimmt am Selbstbewusstsein, oder?

Na klar! Wenn das eigene Befinden ständig in Frage gestellt wird, dann zweifelt man irgendwann auch an sich selbst. Oft habe ich mich gefragt, ob etwas mit mir nicht stimmt, oder ob ich einfach zimperlich bin. Das hat sich mit der Diagnose verändert. Jetzt kann ich Leuten besser erklären, was in meinem Körper passiert und mit welchen Beschwerden Endometriose verbunden sein kann. Wer mehr darüber erfahren möchte, findet mittlerweile viele Google-Treffer, sodass die Krankheit an Glaubwürdigkeit gewinnt. Heute gehe ich generell viel selbstbewusster mit meiner Erkrankung um. Doch als ich jünger war, wollte ich möglichst unauffällig sein, nicht aus der Reihe tanzen und habe lieber die Zähne zusammengebissen – auch wenn ich dafür ziemlich fest zubeißen musste.

  1. Wie kann man jemandem, der selbst keine Endometriose hat, erklären, was die Krankheit für einen bedeutet?

Die meisten Menschen bekommen erst dann eine Vorstellung von der Endometriose und ihrem Ausmaß, wenn man bei der Beschreibung wirklich kein Blatt vor den Mund nimmt. Erkläre ich beispielsweise, dass durch Endometriose gutartige Wucherungen in meinem Bauch entstehen, bleibt lediglich das Wort „gutartig“ hängen – und damit wird die Krankheit als „nicht so schlimm“ abgetan. Erzähle ich den Leuten jedoch, dass ich beim Wasserlassen ohnmächtig geworden bin, oder mich vor lauter Schmerzen erbrechen musste, sind die meisten schockiert und besorgt. Eigentlich schade, dass eine solch dramatische Erklärung nötig ist, doch anders lässt sich Endometriose oft nicht vermitteln.

  1. Was sind deine Tipps für die oft sehr schmerzhaften Tage vor und während der Periode?

Leider gibt es da kein Patent-Rezept. Was mir persönlich hilft: Sich die Endometriose und ihre Symptome nicht zum Feind machen. Schließlich werden sie durch Wut und Ärger nicht besser – im Gegenteil. Ich habe gelernt, die Endometriose als meine Lebensbegleiterin zu akzeptieren und habe ihr den Namen „Frieda“ gegeben. Auch wenn ich Frieda nicht immer gerne an meiner Seite habe: Ohne sie geht’s leider auch nicht. Da ich also notgedrungen in einer lebenslangen Partnerschaft mit Frieda lebe, versuche ich mir diese so schön wie möglich zu gestalten. Und das kann ich anderen Frauen mit Endometriose auch nur raten.

Nimm dir Zeit für dich, buche dir eine Massage, gönne dir viel Ruhe. Versuche in kritischen Phasen möglichst wenig zu erledigen und dein Stresslevel zu reduzieren. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn du eine Verabredung nicht wahrnehmen kannst. Unter starken Endometriose-Symptomen kannst und musst du nicht wie gewohnt funktionieren.

Grundsätzlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass Wärme unglaublich guttut. Ein entspannendes Bad und ein Kernkissen spenden dir wohlige Wärme von außen. Lauwarme und leicht verdauliche Mahlzeiten z.B. Haferbrei oder Suppe können von innen wärmen. Ich trinke auch gerne Frauenmantel- oder Himbeertee, ca. einen Liter am Tag. Diese Tees wärmen nicht nur von innen und wirken auf mich entspannend – Ich kann sie nur empfehlen!

  1. Wie hat Endometriose deine Partnerschaft belastet und was war dein/euer Weg damit umzugehen?

Die Erkrankung hat meine Beziehung auf eine harte Probe gestellt. Gegenseitiges Verständnis füreinander zu schaffen war und ist ein langer Weg. Uns hilft es, miteinander zu sprechen und sich auszutauschen, auch wenn es für beide nicht immer einfach ist, die Geduld aufzubringen sich in den anderen hineinzuversetzen.

Was mit Endometriose häufig zu kurz kommt, ist das Sexleben. Für Frauen mit Endometriose ist Sex oft extrem schmerzhaft, sodass einem die Lust daran bald vergehen kann. Hier kann ich nur empfehlen: Bleibt dran und probiert euch aus. Es gibt eigentlich immer Mittel und Wege, um euer Liebesleben auch mit Endometriose schön und aufregend zu gestalten. Entspannungsübungen vor dem Sex, Gleitgel und Wärmekissen können hilfreich sein. Bringt euch in angenehme Positionen, stützt den Beckenboden mit einem Kissen und macht es euch beim Sex so bequem wie es nur geht. Und wenn es an manchen Tagen gar nicht funktioniert, dann gibt es für euch beide schließlich auch andere Wege, um zum Höhepunkt zu kommen.

  1. Was wünschst du dir für die Zukunft, was das Thema Endometriose in der Gesellschaft angeht?

Ich wünsche mir, dass Endometriose besser verstanden wird und mehr Respekt bekommt. Die Leute sollen aufgeklärter sein und sich nicht die Zunge verknoten müssen, wenn sie das Wort aussprechen. Außerdem liegt es mir sehr am Herzen, dass Endometriose schneller diagnostiziert wird. Dazu gehört auch eine bessere Aufklärung auf Seiten der Ärzte. Es kann nicht sein, dass teilweise bis zu zehn Jahre vergehen, bis die Krankheit festgestellt wird. Daher ist es wichtig, dass darüber gesprochen wird. Deshalb setze ich mich z.B. auf meinem Instagram-Kanal  so sehr für Aufklärung und eine offene Kommunikation über Endometriose ein. 

 

Du möchtest noch mehr über das Thema Endometriose erfahren? Dann schreib uns unter gynäkologie@aristo-pharma.de und erhalte kostenlos unseren Ratgeber " Das Leben regeln, auch mit Endometriose". Hier findest du alle Infos auf einen Blick.